Warum Intervallfasten nicht funktioniert
Viele schwören darauf, um abzunehmen. Doch Intervallfasten ist als Diät ungeeignet.
Mehr noch: Das Bauchfett, Schlafstörungen und Libidoverlust nimmt zu. Zwei Beispiele aus meinen Beratungen.
In den letzten Monaten haben immer mehr Ärzte und Versicherungen das Intervallfasten als gesundheitsfördernd empfohlen. Nun kommen sie aber in Erklärungsnot. Denn immer mehr Studien zeigen: Die Diätindustrie liegt in der Auslobung der scheinbar fantastischen Eigenschaften dieser Ernährung falsch.
Letzte Woche zeigte eine Studie, dass entzündungsförderndes Viszeralfett (= Organfett) durch Intervallfasten nicht reduziert werden kann. Diese Woche doppelte eine andere Studie nach, dass Intervallfasten null Effekt auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat. Intervallfasten zeigt sich immer mehr als das, was es ist: Das einfache Tablettchen aus der Diätindustrie für Abnehmwillige, das für viele eine reine Symptombekämpfung ist statt echte langfristige Problemlösung.
Ich möchte an dieser Stelle zwei typische Beispiele aus meinem Alltag etwas genauer vorstellen. Beides sind Menschen, die nach einigen Monaten Intervallfasten zu uns gekommen sind.
Beide haben bemerkt, dass der Körper nicht mehr so funktioniert, wie sie es eigentlich gewohnt waren. Der eine war ein rüstiger Rentner, den der Arzt zum Intervallfasten gebracht hatte, der andere ein junger Crossfit-Athlet, dem vom Personal Trainer die Ernährung umgestellt worden ist.
Warum sich das Bauchfett nicht verabschiedet
Beginnen wir beim Rentner. Er unternahm nach Möglichkeit mehrmals in der Woche Ausfahrten mit dem Velo und ausgedehnte Spaziergänge. Darum war er so erstaunt, dass sich das Fett rund um den Bauch nicht verabschiedet. Als er dann zum Arzt gekommen ist, hat dieser eine Fettleber festgestellt, dazu erhöhte Blutfettwerte. Ihm wurde in der Folge Intervallfasten empfohlen, da man ja so viel Gutes hören würde.
Die Folge war in den nächsten Monaten eine Verschlechterung der Schlafqualität, er wurde beim Sport immer kurzatmiger und im Alltag ebenfalls dünnhäutiger. Er hat zwar rund fünf Kilo abgenommen, aber leider ist der Bauch nicht kleiner geworden und die Blutfettwerte auch nicht besser. In der Folge hatte er dann über eine Verordnung unsere Praxis aufgesucht. Wir haben wieder seine Ernährung umgestellt. Die Teilzeithungersnot wurde ersetzt durch eine artgerechte Ernährung. Das Frühstück stand wieder auf dem Plan und neben einem Mittagessen noch zwei Zwischenmahlzeiten und ein kleines Abendessen.
Tagsüber hungern, abends die Völlerei
Zuerst hatte er richtig Mühe so viel zu essen. Er konnte sich kaum vorstellen, dass er nicht auf der Waage explodieren würde. Aber dies geschah nicht. Durch das viele Essen über den Tag hatte er am Abend nie mehr Heisshungerattacken. Durch die kleineren Mahlzeiten am Abend war der Darm auch weniger am Arbeiten in der Nacht, die Schlafqualität wurde deutlich verbessert, er hat Bauchfett reduziert und vor allem wurde er wieder sportlich deutlich leistungsfähiger und im Alltag ausgeglichener. Zudem stabilisierten sich seine Blutfettwerte.
Die Ursache seiner Probleme lag nicht beim Essen, sondern in seinem Lebensstil. Er kannte nichts anderes als zuerst die Arbeit, dann das Essen. Er hat über den Tag kaum je regelmässig gegessen. Die Arbeit ging meist vor. Am Abend kam dann die Völlerei. Natürlich ist ihm dann das Intervallfasten vom Typ her sehr entgegengekommen. Doch das ursprüngliche Problem hat es nicht gelöst. Der Körper hat dann zu wenig bekommen, wenn er es wirklich brauchte, dafür umso mehr, wenn er es eben nicht mehr verbrennen konnte.
Emotionale Achterbahnen und Libido-Probleme
Der zweite Fall war ein junger Athlet. Er folgte auf Anraten seines Personal Trainers seit einem halben Jahr dem Intervallfasten. Er hatte das Gefühl, dass er wirklich hart trainieren würde und alles gut sei. Doch er merkte, dass er immer emotionaler reagierte, seine Durchschlafprobleme machten ihm genauso zu schaffen wie seine Libido-Probleme. Auch beim ihm haben wir die gleichen Ernährungsanpassungen gemacht wie beim Rentner und wieder ins Lot gebracht.
Nun messen wir bei all unseren Kunden stets die Leistungswerte, Körperfettwerte und mentale Daten wie Emotionalität, Energie, Schlafqualität usw. Wir erkennen so über Fakten Veränderungen im Stoffwechsel und auch im mentalen Zustand. Wir durften auch in seinem Fall schnell merken, wie gross die Fortschritte nach der Umstellung der Ernährung waren: Er hatte nach rund vier Monaten eine Verbesserung im Bereich Kraft von zehn Prozent verzeichnet.
Ein fragwürdiger Ernährungstrend
Sein aerober Stoffwechsel, der die Ausdauerfähigkeit darstellt, hat sich ebenfalls um zehn Prozent verbessert. Der Sauerstoffpuls, der die Ökonomie des Herzkreislaufsystems zeigt, stieg um 15 Prozent und seine Fettverbrennung um 100 Prozent. Für den jungen Mann war aber mindestens so wichtig, dass er im Alltag wieder in allen Belangen wieder ausgeglichen war!
Diese zwei Beispiele sind sinnbildlich für viele, die mit Problemen nach einem Intervallfasten zu uns in die Praxis kommen. Wir würden uns wünschen, dass Ärzte mit mehr Bedacht Empfehlungen aussprechen würden im Bereich Ernährung und vor allem auch Krankenkassen nicht auf einen Zug aufspringen. Denn Intervallfasten hat sich schon nach allzu kurzer Zeit als Mode-Gag entpuppt.
Beitrag von Jürg Hösli aus bluewin.ch